Der Oberbegriff "Psychose" umfasst viele Symptome und Zustände, die unterschiedliche Gestalt annehmen können, jedoch einer Gemeinsamkeit unterliegen: Die Realität wird zeitweise verändert wahrgenommen und verarbeitet, das Denken wird "eigensinnig".

Psychotische Symptome sind z.B akustische oder optische Halluzinationen, Wahnvorstellungen oder die Veränderung des Denkens im Allgemeinen. So fühlen sich Betroffene manchmal bedroht oder verfolgt, hören Stimmen, oder stellen unrealistische Zusammenhänge zwischen Erlebnissen und der eigenen Person her. In anderen Fällen kommt es zu Schwierigkeiten, die eigenen Gedankengänge zu ordnen, oder zu Verhaltensweisen, die für die Person untypisch und für andere nicht mehr nachvollziehbar sind. Aber auch eine Minderung der Leistungsfähigkeit mit Motivations- und Interessenverlust und sozialem Rückzug können Anzeichen einer Psychose sein. 

Trotz intensiver Forschung konnte bisher keine universelle Ursache für Psychosen gefunden werden. Beim einzelnen Betroffenen ist es auch sehr selten möglich, eine einzelne Ursache für die Erkrankung festzulegen; in den meisten Fällen handelt es sich um eine Zusammenwirkung vieler verschiedener Faktoren.

Eine wichtige Rolle beim Ausbruch psychotischer Symptome spielen körperliche und psychische Belastung (Stress). Dazu gehören nicht nur negative Ereignisse, sondern auch kritische Lebensphasen, auch wenn sie insgesamt positiv sind, z.B. Pubertät, oder Studienbeginn. Hormonelle Änderungen (z.B. in der Schwangerschaft, oder postpartal), oder der Konsum von gewissen Substanzen (z.B. LSD) können auch zu psychotischen Symptomen führen.

Alle Menschen können unter gewissen starken Einflüssen mit der Entwicklung psychotischer Symptome reagieren. In der Regel ist aber die Wahrscheinlichkeit, eine Psychose zu entwickeln, von einem Zusammenspiel zwischen der Stärke der Belastung und der Anfälligkeit der Person abhängig. Verschiedene Faktoren können die Anfälligkeit einer Person für psychotische Erkrankungen erhöhen. Einige davon sind familiäre Vorbelastung, frühe Hirnschäden oder Entwicklungsstörungen, traumatische Ereignisse in der Kindheit, das Aufwachsen in benachteiligten Milieus, und der regelmässige Konsum von hochpotentem Cannabis und anderen Drogen im jungen Alter. Wenn die Anfälligkeit hoch ist (z.B., wenn mehrere Faktoren vorliegen), reicht auch ein geringer Stress, um psychotische Reaktionen zu erzeugen. 

Wichtig ist zu erinnern, dass auch bei Vorliegen mehrerer Belastungsfaktoren eine Psychose nicht naturgesetzlich erfolgt. Zudem können negative Einflüsse durch Schutzfaktoren (z.B. unterstützende Freundschaften, Belastbarkeit) ausbalanciert werden, sodass die Entwicklung einer Psychose nicht unvermeidbar ist. Ziel der Früherkennung ist genau, negative Einflüsse zu minimieren und den Aufbau von Schutzfaktoren zu fördern.

Eine psychotische Krise kann mit starkem Leidensdruck verbunden sein, viel Unsicherheit beim Betroffenen verursachen und Spannungen in wichtigen Beziehungen auslösen. Wichtige Ziele der Behandlung sind die schnellstmögliche Linderung von psychotischen Symptomen, Depression und Angst, die Verbesserung des Wohlbefindens und der Funktionsfähigkeit in Schule, Beruf und Beziehungen, und die Vorbeugung zukünftiger Krisen.

Diese vielfältigen Ziele können nur durch eine ganzheitliche Behandlung erreicht werden, die auf gegenseitigem Vertrauen basiert und auf die individuellen Bedürfnisse und Problembereiche des Betroffenen abgestimmt wird, und in der auch die Familie eingebunden werden kann. Eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten steht hierbei zur Verfügung:

  • Medikamente: Sogenannte Antipsychotika schützen vor Reizüberflutung, stellen nachweislich bei psychotischen Krisen die wirksamste Methode dar, um die eigenen Gedanken zu ordnen und Abstand von beängstigenden oder aufreibenden Erlebnissen zu gewinnen, und schützen vor dem Auftreten neuer psychotischer Krisen. Andere Medikamente können aber auch zum Einsatz kommen, wie z.B. Beruhigungsmittel als vorübergehendes Hilfsmittel gegen Angst und Schlafstörungen, oder Stimmungsstabilisatoren und Antidepressiva zur Behandlung von starken Stimmungsschwankungen und Depression.
  • Psychotherapie: Kognitiv-verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Einzel- oder Gruppentherapien haben als Ziel, das Verständnis über mögliche Auslöser und den Umgang mit den Symptomen zu verbessern. Andere Psychotherapien können auch indiziert sein, wie z.B. Familientherapie, Training sozialer Kompetenzen oder Suchttherapie.
  • Psychoedukation: Hierbei geht es um eine ausführliche Aufklärung über die Ursachen und Entstehungsmechanismen der Symptome sowie über Behandlungsmöglichkeiten und Alltagsbewältigungstipps mit dem Ziel, die eigene Beteiligung an der Genesung zu fördern.
  • Soziotherapie: Diese widmet sich Problemen in der Schule, im Beruf oder mit der Wohnsituation, die (insbesondere bei länger unbehandelten) Psychosen oft bestehen.
  • Kognitives Training: Mit Hilfe von Aufgaben am Computer werden Konzentration, Aufmerksamkeit, Gedächtnis  usw. geübt, um die Leistungsfähigkeit zu verbessern.

Zur schnellen Symptomkontrolle und zur Vermeidung negativer Folgen wie z.B. Beziehungsabbrüche oder Unterbrüche in der Schule ist es wesentlich, dass therapeutische Massnahmen so schnell wie möglich ergriffen, und dass die guten Behandlungsmöglichkeiten der Psychose ausgeschöpft werden.